„Schule ist besser, als Homeschooling“, sagt der 10jährige Benno und ist sich darin mit seinen Geschwistern Merle (12) und Max (6) einig. Hier treffen sie Freunde, hier findet soziales Leben statt. Das Homeschooling im Frühjahr und Sommer dieses Jahres haben die Kinder als große Belastung empfunden. „Streit war an der Tagesordnung“, berichtet Merle. „Außerdem fällt es einem schwer, die notwendige Motivation aufzubringen und den neuen Stoff wirklich zu verstehen. Wir haben ja noch Lücken aus dem letzten Halbjahr.“
Die Reaktion seiner eigenen Kinder auf die Nachricht der verschiedenen Schulen, wieder in einen Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht einzusteigen, und diverse Kontaktaufnahmen von aufgebrachten Eltern haben den Rechtsanwalt und Geschäftsführer der ANWALTSKANZLEI DR. ROSSKOPF RECHTSANWALTSGESELLSCHAFT mbH dazu gebracht, die Rechtmäßigkeit der Regelungen zu prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung war eindeutig: „Meiner Auffassung nach ist die Allgemeinverfügung des Landratsamts, die Entscheidung, Distanzunterricht einzuführen, auf die Schulleiter zu übertragen, in der vorliegenden Form ebenso rechtswidrig, wie die Anordnung von Schulleitern, das tatsächlich zu tun“, so Roßkopf. Aus diesem Grund war Klage einzureichen. Es handelt sich um zwei Hauptsacheverfahren und zwei Eilanträge, die seit heute Mittag beim Verwaltungsgericht Augsburg anhängig sind. Nun muss das Verwaltungsgericht Augsburg die getroffenen Regeln auf den Prüfstand stellen.
„Wenn wir uns jetzt nicht gegen diese Form der Willkür wehren, sind Eltern und Schüler voraussichtlich für viele Monate mit dieser Thematik beschäftigt“, so der promovierte Jurist. Allerdings ist Roßkopf auch wichtig klarzustellen: „Wir sind keine Corona-Leugner – das Virus ist ernst zu nehmen und natürlich hat jeder hierzu seinen Teil beizutragen.“ So stellt die Klageschrift auch nicht in Frage, dass Maskenpflicht und 1,5 Meter Abstand einzuhalten sind.
Sowohl das Infektionsschutzgesetz als auch die Bayerische Schulordnung enthalten klare Regelungen, unter welchen Voraussetzungen dem Infektionsgeschehen wirksam begegnet werden kann. „Diese Voraussetzungen werden vorliegend nicht beachtet“, so der Jurist. Auch die Frage der Verhältnismäßigkeit werde vorliegend falsch beantwortet.
Was an dem derzeitigen Geschehen zudem verstören würde, so der Familienvater, ist die Tatsache, wie willkürlich offensichtlich die Allgemeinverfügung des Landratsamtes an den verschiedenen Schulen zum Tragen kommt. So schreibe der eine Schulleiter, dass „das vorgegebene Abstandsgebot nur unter erschwerten Bedingungen eingehalten werden“ könne, was die grundsätzliche Möglichkeit der Einhaltung der Abstandregeln bestätigt. Gleichwohl werde Distanzunterricht angeordnet.
Eine andere Schule hingegen kann die Abstandsregeln offenbar nicht einhalten und verordnet den Wechsel aus Distanz- und Präsenzunterricht. Dies aber erst ab dem kommenden Montag und lässt am heutigen Freitag noch alle Kinder zur Schule kommen, obwohl das Landratsamt den Sofortvollzug seiner Regelungen angeordnet hat.
„Klarstellend“, so Rechtsanwalt Roßkopf, „geht es bei der verwaltungsgerichtlichen Klärung nicht darum, Systemsprenger zu spielen. Sinnvolle Maßnahmen in dieser gefährlichen Zeit müssen umgesetzt werden. Aber eben nicht willkürlich und auf Basis gesetzlicher Grundlagen.“ Die eingeleiteten Verfahren leisten einen Beitrag zur Klärung dieser Rechtsfragen über den jeweiligen Einzelfall hinaus – für die betroffenen Kinder im Landkreis und ihre Eltern.